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EIN UNWIRTHBARES EYLAND ▼

PRESSEECHO ▼

raumk, März 2009

Der lange Weg der Emanzipation

Zehn Jahre Karlsruher Spielgemeinde

Falls Caroline Schlegel-Schelling (1763-1809) Klavier spielte, was man bei einer höheren Tochter der deutschen Romantik erwarten darf, hätte sie wohl manche Themen Beethovens wieder erkannt, die Achim Quellmalz in seinen Klarinettenimprovisationen erklingen ließ. Zusammen mit dem Schlagzeuger Achim Pfeil lieferte der Bläser ein tragfähiges Fundament für das fünfte Stück der Karlsruher Spielgemeinde, mit dem diese bald ihr zehnjähriges Jubiläum feiern wird. Der Titel des Stücks" Ein unwirthbares Eyland" stammt aus einem Brief der historischen Caroline, deren Korrespondenz Heide Harmsens Spielgruppe zu einem weiteren selbstverfassten Stück motiviert hat.

Die Idee ist tragfähig und inspiriert. Nichten und Neffen finden bei der Entrümpelung des Hauses ihrer Erbtante uralte Briefe aus der Feder einer gebildeten Frau, deren Erlebnisse und Empfindungen Aspekte des politischen und gesellschaftliche Leben vor 200 Jahren erhellen. Erbteilung ist eine archetypische Konfliktsituation. Der Familienfrieden wird hier aber vor allem durch die in den Briefen fixierten Ideen gestört. Die Frauen fühlen sich ermuntert, nun endlich aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit auszubrechen, was die Männer freilich immer noch verwirrt und verunsichert.

Die Schauspieler bringen ihre eigene Befindlichkeit auf der Bühne und überzeugen durch die Echtheit ihrer Gefühle. Heide Harmsen sorgt dafür, dass kein platter Abklatsch der Realität entsteht. Sie steckt die Personen in dezent malerische Kostüme, gruppiert sie immer wieder zu Bildern und überhöht Stimmungen und Beziehungen durch Pantomime und Tanzszenen. Ebenso wichtig wie die ethische Botschaft erscheint die therapeutische Funktion des Spiels. Die Bühne wird zum Ort der Seelsorge. So ist es nur folgerichtig, dass die Emmauskirche in der Waldstadt der Gruppe ihre Tore zu Proben und Erstaufführung öffnet. Schließlich gehen die Verbindungen zwischen Kirche und Theater in unseren Breiten bis ins Mittelalter zurück. Der engagierten Laienspielgruppe gelingt jedenfalls auch dieses Mal ein kleines Gesamtkunstwerk. Das Premierenpublikum am 22. 11. würdigte diese Leistung durch üppigen Szenenapplaus. (F. Kohlenberger)