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EIN UNWIRTHBARES EYLAND ▼

EIN UNWIRTHBARES EYLAND

 

Hier finden Sie einen Auszug unseres Programms:

Historische Briefe heute? Unser persönlicher Zugang zu Briefen von vor 200 Jahren.

Die Briefe von Caroline Schlegel-Schelling an Freunde und Verwandte, nicht für die Öffentlichkeit gedacht, intime, unverstellte Selbstaussagen, haben uns beim Lesen sehr bewegt. Diese erregenden Dokumente einer ungewöhnlichen Persönlichkeit, einer Frau, die unter den widrigsten Bedingungen "Die Kunst zu leben" erlernte und ausübte, boten die biografische Grundlage für unsere eigenwillige Interpretation.

An welchen Stellen kontrastierten oder verschmolzen die gespeicherten Lebenserfahrungen, das "historische Material" mit unserem eigenen Leben?

"Die Kunst zu leben"

Wir fanden bestätigt, dass wir bis heute um Freiheiten und Unabhängigkeiten ringen, "um ein selbstständiges Leben zu gestalten, die wirklichen Bedürfnisse unverstellt zum Maßstab von Handlungen zu machen." Caroline lebte für die Emanzipation, aber für die von Mann und Frau, für die menschliche Emanzipation. Sie wollte sich als "Vollmensch" entfalten.

Der rote Faden

Die Dramaturgie ergab sich aus dem roten Faden der Biografie von Caroline. Unsere sechs Frauenbilder entwickelten sich aus den unterschiedlichen Wesensmerkmalen und Lebensabschnitten der Caroline. Zitate aus ihren Briefen stoßen die jeweilige Frauenfigur in die Handlung und zeigen den Weg für eine Veränderung auf. Uns ist neu zum Bewusstsein gekommen, welch Höllensturz oder welche Himmelsfreude ein Brief, ein Satz aus einem Brief, ein Wort aus einem Brief verursachen können.

Wer war Caroline Schlegel-Schelling?

Am 2. September 1763 wird Dorothee Caroline Albertine Michaelis geboren. Der Vater ist ein berühmter Orientalist in Göttingen.

1784 heiratet sie den Clausthaler Arzt Johannes Böhmer. In der Abgeschiedenheit des Harzstädtchens entwickelt die begabte und gut ausgebildete Caroline ihr Talent als Briefschreiberin.

1788 nach dem Tod Böhmers kehrt sie zur Familie nach Göttingen zurück, geht dann zum Bruder nach Marburg und schließlich alleine mit ihrer Tochter Auguste nach Mainz.

Ab 1792 lebt sie im Haushalt des Schriftstellers Georg Forster, dem ehemaligen Begleiter des Weltreisenden James Cook.

In den Wirren der Belagerung durch die französischen Revolutionssoldaten wird sie 1793 als Jakobinerin verdächtigt und auf der Festung Königstein inhaftiert.

1794 Nach der Entlassung wird sie als "femme fatal" isoliert und ohne Bleiberecht in Göttingen und Dresden abgewiesen.

1796 erst nach der Heirat mit dem Literaturprofessor August Wilhelm Schlegel wird die "Madame Luzifer" gesellschaftlich wieder salonfähig. Schnell wird sie das Zentralgestirn des Jenaer Frühromantikerkreises. Die Schlegels und ihre Freunde – "junge Wilde" - machten eine Wohngemeinschaft auf, die wahre Kommune 1, ein Ort geistiger Explosion, auch für Fichte, Goethe, Schiller, Novalis, Tieck äußerst anziehend.

1800 verliert sie nach dem Tod ihrer innig geliebten Tochter Auguste fast den Mut zum Weiterleben.

1803 auf der Suche nach ihrem Lebensglück, verstößt sie gegen die Konventionen ihrer Zeit; sie trennt sich von Schlegel und heiratet den Philosphen Friedrich Wilhelm Schelling.

1809 stirbt sie während eines Besuches bei ihren Schwiegereltern Schelling in Maulbronn. Noch heute steht ihr Gedenkstein an der Klostermauer.

Über ihr Leben sagt Caroline "Ich war kühn, aber nicht frevelhaft".

In den Briefen, einer Grenzform zwischen Literatur und Gespräch, fand sie die Möglichkeit der emotionalen und intellektuellen Entwicklung und Selbstdarstellung. Denn in einer von Männern dominierten Welt am Ende des 18. Jahrhunderts konnte eine Frau ohne eigenes Einkommen kein unabhängiges Leben führen.