Hier soll eine kleine Sammlung an Gedichten entstehen zum Thema Zeit, Zeitgeist, Zeitlos, .... schlicht alles was mit Zeit zusammen hängt. Wer einen Beitrag dazu hat, kann uns diesen gerne mailen.

Erich Kästner: Goldne Jugendzeit

Jochen Marris: WORKOHOLIC

Wenn sie abends von der Arbeit kommen,

Immer alle Hände

fahren sie, so schnell es geht, nach Haus.

voll zu tun.

Und sie sehen ziemlich mitgenommen

So kann die Stille

und wie kleine kranke Kinder aus.

mir nicht zeigen,

dass mir Freunde fehlen.

Die Büros sind keine Puppenstuben.

Die Fabriken sind kein Nadelwald.

Den Kopf voll

Und auch die modernsten Kohlengruben

nüchterner Probleme.

sind kein idealer Aufenthalt.

So laesst die Sehnsucht

mich nicht spüren,

Aber nicht nur müde sind sie, leider

dass mir Liebe fehlt.

hat ihr Müdesein auch keinen Zweck.

Vielmehr ziehn sie ihre Sonntagskleider

Den Bauch voller Hektik.

heimlich an und laufen wieder weg.

So ist kein Platz

für Zweifel,

Und dann gehn sie irgendwohin tanzen.

ob ich mir selbst

Ins «Orpheum» oder wie es heißt.

nicht fehle.

Und sie treiben es im großen ganzen,

mit und ohne Noten, ziemlich dreist!

So voll

Später sitzen sie in Parks auf Bänken,

Augustinus:

und es ist aufs Haar wie einst im Mai.

Weiter können sie sich ja nichts schenken!

Die Menschen reisen in fremde Länder,

Und bis sie zu Hause sind, wird's drei.

Und staunen über die Höhe der Berge,

Die Gewalt der Meereswellen,

Einmal werden sie sich schon noch fügen.

die Länge der Flüsse,

Wenn ihr Schicksal die Geduld verliert.

die weite des Ozeans,

Ach, sie glauben, daß man zum Vergnügen

das Wandern der Sterne.

(noch dazu zum eignen) existiert.

Aber sie gehen ohne Staunen

aneinander vorbei.

Sie sind jung und täuschen sich nach Kräften.

6 Uhr 30, wenn der Wecker klirrt,

in der Bahn und dann in den Geschäften

Peter Ustinov

merken sie: sie haben sich geirrt.

Jetzt

sind die guten alten Zeiten,

Menschen werden niemals Schmetterlinge.

nach denen

Nektar ist, im besten Fall, ein Wort.

wir uns

jung und froh sein, sind verschiedne Dinge.

in zehn Jahren

Und die Freude stirbt auf dem Transport.

Zurücksehnen werden.

Bernd Schlaudt

Jochen Marris: Zeitgefühl

Hast Du heute Zeit für mich?

Komm, wir teilen,

Heute ist der erste Tag

deine Zeit und meine Zeit,

vom Rest meines Lebens.

eine kleine Ewigkeit

Heut verlier ich meine Zeit

ohne Langeweile.

und lebe in den Tag hinein.

Ich nehm mir die Zeit,

Ich hab heute wenig Zeit,

um gut zu sein zu mir,

Zeit zum Teilen.

will mir Zeit lassen

Hab mir zuviel vorgenommen

mit meiner Angst bis morgen.

und die Zeit ist weggeschwommen,

Heut nehm ich mir

jetzt muss ich rennen und mich eilen.

das Leben vor dem Tod.

Zeit, die wir verschenken können,

Bernd Schaudt

Zeit zum Teilen.

Da, wo wir aus unserm Leben

Meine Zeit zum Träumen und Schauen,

andern etwas weitergeben-

Meine Zeit zum Spielen und Bauen,

Zeit aus Gottes Händen.

meine Tage, meine Stunden,

Minuten und Sekunden-

Ich hab heute für Dich Zeit,

meine Zeit- ein Stückchen Ewigkeit

komm, wir teilen

deine Zeit und meine Zeit,

Meine Zeit zum Hören und Reden,

eine kleine Ewigkeit

Meine Zeit zum Singen und Beten,

ohne Langeweile

meine Tage, meine Stunden,

Minuten und Sekunden-

Eugen Roth

meine Zeit- ein Stückchen Ewigkeit

Ein Mensch, ganz scheuslich abgehetzt,

Meine Zeit, Beginnen und Enden,

Schwört, in den Urlaub fahre er jetzt-

Meine Zeit in Gottes Händen,

Wozu auch jeder Kunde rät:

meine Tage, meine Stunden,

Vieleicht Morgen seis schon zu spät.

Minuten und Sekunden-

Sofort -schliesst jeder seine Predigt-

meine Zeit- ein Stückchen Ewigkeit

Wenn meine Sache Sie erledigt,

Dann müßen Sie, mags schlecht auch passen,

Entschlosssen alles liegen lassen.

Rose Ausländer: Altenheim

Rose Ausländer

In den Hundstagen

sitzen die Alten

Zu kurz

im Baumschatten

Schnee im Haar

komme ich zu dir

Springbrunnen

sprechen sie an

lege dir meine Worte

auf dem Kobalthimmel

zu Füssen

wandern Laemmerherden

Du

Die Alten denken zurück

ans hastende Leben

traurig wie ich

das sie verlassen haben

weil der Tag zu kurz

das sie verlassen hat

das Jahr zu kurz

sie erfinden es im Traum

das Leben zu kurz

um das vollkommene

Kommt

Lasst uns Bingo spielen

JA

zu sagen

Peter Engelmeier: Lauf der Dinge

Heinz Piontek: Unverhofft

Ich hatte, Jahre sind darüber hingegangen,

zwischen dem ersten Licht

Ich wiederhole:

eines noch unentdeckten Tages

und dem dämmern

Zum Laufen hilft nicht schnell sein,

einer noch ungewissen Nacht

beim Kämpfen nicht stark sein,

eine Idee von dem, was ist.

in der Kunst nicht Blut und Wasser schwitzen,

Ich sah die Zeit

im Goldrausch auch kein fieberhaftes Schürfen.

Durch mich fließen

Als einen stillen, starken Strom.

Drum gedulde dich, sieh zu, bis du

Ich fühlte mich als Zeichen,

die Zeit auf deiner Seite hast.

für mich allein gesetzt,

Denn ist es an der Zeit,

und mußte eine Richtung nennen

genügt ihr ein Augenblick;

für den Lauf der Dinge.

Seither warte ich voll Ungeduld darauf,

dann überlässt sie dir,

dass die Zeit sich darauf einläßt,

ohne nach deinen Anstrengungen zu fragen,

das Stückwerk meiner wagen Wünsche

und auch dir, Schläfer bis in den Tag,

umzusetzten in die Tat.

das voll blendende Glück.

Denn schon wieder taucht am Horizont

Das erste Licht auf

Was sonst?

Eines unentdeckten Tages.

Hermann Hesse Wenn auf dieses Bild ein Schatten fällt

Peter Engelmeier: Das Album lebt

Kaum hast Du es gedacht,

Aufgeblättert, schwarze Seiten,

So ist die goldene Stunde

Bilder mit gezacktem Rand,

Aus Ihrem leichten Traum erwacht,

Lust und Leid in chamois,

Und bleicher wird, indes sie stiller lacht,

Leben, Leben,

Und kühler wird die Sonne in der Runde.

Freude,

 

Spinnwebpapier trennt Blätter

Rilke: Wir sind die Treibenden

und Bilder,

 

liegt fein in der Hand,

Wir sind die Treibenden.

fast weiß:

Aber den Schritt der Zeit,

Milchglasscheibe für Erinnerungen.

nehmt ihn als Kleinigkeit

Das war´s: ich staune,

im immer Bleibenden.

ich begrabe Träume,

Alles das Eilende

ich bin noch einmal dabei.

wird schon vorüber sein;

Ein Blitzlicht, eine Tausendstel Sekunde,

denn das Verweilende

weggeworfene Welten,

erst weiht uns ein.

farbenblinde Existenzen,

 

sauber fixiert.

Knaben, o werft den Mut

Dokumentation aus Staub und Gilb,

nicht in die Schnelligkeit,

Ende, Ende,

nicht in den Flugversuch.

Wehmut.

 

Als Grossvater Kind war,

Alles ist ausgeruht:

als Grossmutter ihn

Dunkel und Helligkeit,

im Cabriolet entführte,

Blume und Buch.

als alle auf dem Tennisplatz

 

dem Ball nachjagten-

Trauer II

hellbraun, erblasst,

 

schon abgehoben aus dem Diesseits:

 

Schemen aus der Wandelhalle

Wie

dieser Welt.

die unendliche Trauer

 

ertragen

Indianische Weisheit

 

 

Gestirne aus

Nimm dir Zeit den Himmel zu betrachten.

Steinen und Feuer

Suche Gestalten in den Wolken.

 

Höre das Wehen des Windes

Such

und berühre das kalte Wasser.

ein Fünkchen Glanz

Gehe mit leisen, behutsamen Schritten.

in der Finsternis

Wir sind Eindringlinge,

 

die von einem unendlichen Universum

Atemnackt

nur für kurze Zeit geduldet werden

dein Weilchen

 

HIER

Theodor Storm

 

 

Allee

Schliesse mir die Augen beide

 

mit den lieben Händen zu!

 

Geht doch alles, was ich leide,

Ich höre das Herz

unter Deiner Hand zur Ruh.

des Oleanders

Und wie leise sich der Schmerz

gehe durch die grüne Allee

Well um Welle schlafen leget,

mit Blüten und Dornen

wie der letzte Schlag sich reget,

im Bund

füllest Du mein ganzes Herz

ein Zipfelchen Zeit

 

in der Tasche

Rose Ausländer: Utopia

 

 

Hans Dieter Hüsch: Ersehnt

Utopia

 

mein Land

Ich sehe ein Land mit neuen Bäumen.

 

Ich seh ein Haus aus grünem Strauch

Keines größer

und einen flinken Fischen.

keines schöner

Und einem Himmel aus Hortensien seh ich auch.

 

Ich seh ein Licht von Unschuld weiß

Hier

und einen Berg der unberührt.

bin ich geboren

Im Tal des Freidens geht ein junger Schäfer,

 

der alle Tiere in die Freiheit führt.

Hier will ich leben

Ich höre ein Herz, das tapfer schlägt

äonenlang

in einem Menschen, den es noch nicht gibt,

 

doch dessen Ankunft, mich schon jetzt bewegt,

Erich Fried

weil er erscheint und seine Feinde leibt.

 

Das ist die Zeit die ich nicht mehr erlebe.

Da hab ich einen gehört,

Das ist die Welt, die nicht von uns´rer Welt.

wie er auseufzt: "Du liebe Zeit!"

Sie ist aus feinstgesponnenem Gewebe,

Was heisst da "Du liebe Zeit"?

und, Freunde, glaubt und seht: Sie hält.

"Du unliebe Zeit", muß es heissen.

 

"Du ungeliebte Zeit!"

Saint-Exupéry

von dieser Unzeit, in der wir

 

leben müssen. Und doch:

Die Zeit, die sich ausbreitet,

Sie ist unsere einzige Zeit,

ist die Zeit der Geschichte.

unsere Lebenszeit.

Die Zeit, die hinzufügt,

Und wenn wir das Leben lieben,

ist die Zeit des Lebens.

können wir nicht ganz lieblos

Und die beiden haben nichts gemeinsam,

gegen diese unsre Zeit sein.

aber man muß die eine nutzen können

Wir müssen sie ja nicht genauso lassen,

wie die andere.

wie sie und traf.

 

 

Angst (Grönemeyer)

Seneca

 

 

Einfach

Wir haben nicht zu wenig Zeit,

Angst zu verblöden

wir verschwenden nur zu viel davon

vor der Endgültigkeit

 

sich an alles zu gewöhnen

 

aus Angst vor der Zeit

Gründliche Einsicht (Eugen Roth)

 

 

TABALUGA

Ein Mensch sah jedesmal noch klar:

 

Nichts ist geblieben so, wie es war.-

Erwachsen-

Woraus er ziemlich leicht ermißt:

was heißt das schon?

Es bleibt auch nichts so, wies grad ist.

Vernünftig-

Ja, heut schon denkt er, unbeirrt:

wer ist das schon?

Nichts wird so bleiben, wies sein wird.

Ich bin ich

 

und Du bist Du,

Herrmann Lübbe:

das ist alles,

Wer heute von morgen sein will erreicht damit nur,

was ich weiß.

dass er übermorgen von gestern ist.

Du bist jung

 

und ich bin alt,

 

aber was kann das schon

Evelyn Waugh:

bedeuten?

Pünktlichkeit ist eine Tugend von Gelangweilten.

 

 

Lauf der Dinge (Peter Engelmeier)

Nur zwei Dinge (Gottfried Benn)

 

 

Ich hatte, Jahre sind darüber hingegangen,

Durch so viele Formen geschritten,

zwischen dem ersten Licht

durch Ich und Wir und Du,

eines noch unentdeckten Tages

doch alles blieb erlitten

und dem dämmern

durch die ewige Frage: wozu?

einer noch ungewissen Nacht

 

eine Idee von dem, was ist.

Das ist eine Kinderfrage.

Ich sah die Zeit

Dir wurde erst spät bewußt,

Durch mich fließen

es gibt nur eines: ertrage

Als einen stillen, starken Strom.

-ob Sinn, ob Sucht, ob Sage-

Ich fühlte mich als Zeichen,

dein fernbestimmtes : Du mußt.

für mich allein gesetzt,

 

und mußte eine Richtung nennen

Ob Rosen, ob Schnee, ob Meere,

für den Lauf der Dinge.

was alles erblühte, verblich,

Seither warte ich voll Ungeduld darauf,

es gibt nur zwei Dinge: die Leere

dass die Zeit sich darauf einläßt,

und das gezeichnete Ich.

das Stückwerk meiner wagen Wünsche

 

umzusetzten in die Tat.

 

Denn schon wieder taucht am Horizont

 

Das erste Licht auf

 

Eines unentdeckten Tages.

 

 

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