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BNN 27.01.2003

Wenn im Innern das Chaos lauert

Karlsruher Spielgemeinde stellt neues Stück "Smaragd im Mund" vor

...Wie wird man wahnsinnig? Und vor allem: Wer legt fest, was Wahnsinn ist? Zunächst nur zwei Fragen, eines Abends bei einem Treffen der Karlsruher Spielgemeinde auf- geworfen. "Gute Fragen!" fand Theater-pädagogin und Regisseurin Heide Harmsen und ging mit ihrer Amateur- theatergruppe eineinhalb Jahre auf Erkenntnissuche. Heraus kam das Stück "Smaragd im Mund - ein Stück verrückt". Zur Uraufführung sind die Bänke der Emmauskirche in der Waldstadt dicht gefüllt. Einen Abend lang lotet die Gruppe die Grenzen zwischen Normalität und Wahnsinn aus, verwischt bewusst die Übergänge, spielt mit den Perspektiven zwischen dem "Anderen" und dem "Normalen" und zeigt mit eindringlichem Spiel die Furcht, die daraus auf beiden Seiten erwächst. Die Angst des "Verrückten", der die Geborgenheit der Gruppe sucht und nicht findet, und die Angst der "Normalen", die das Undurchschaubare, die Regelverletzung fürchten. ................. ...Gewissermaßen als Patin für diese Thematik steht Hildegard von Bingen, die sperrige und streitbare Klosterfrau des Mittelalters. Ihre

Texte werden wechselweise an die einzelnen Szenen montiert. Das Ergebnis sind mystisch-visionäre Sprechstücke, die in der Emmaus- kirche nicht nur wegen Ihrer Akustik einen außerordentlich spannenden Resonanzboden finden. Kein Zweifel: dieses gewollt unbehagliche Theatersück sympatisiert mit den aus dem gesellschaftlichen Gesamtkörper Abgelösten, doch es idealisiert sie nicht, sondern zeigt, wie gefährlich es sich lebt, wenn man Sand im Getriebe ist. Beruflich, familiär, partnerschaftlich, auf allen Ebenen lauert das Chaos unter der vermeintlich befriedeten Oberfläche. ................................. ..."Wenn jemand von der Fallsucht geplagt zu Boden fällt, wenn er dann so dahingestreckt liegt, lege den Smaragd in seinen Mund und sein Geist belebt sich wieder", empfiehlt Hildegard von Bingen. Das "Andere" aus-halten, wo nötig auch mal einen Smaragd reichen - nicht mehr und nicht weniger ist das Anliegen dieses außergewöhnlichen Stückes, für das sieben weitere Aufführungen geplant sind. Nächster Termin ist der 8. Februar, 20 Uhr, im Schloss Bruchsal. ......Marcia Kussian