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ekiba, Dezember 2006 |
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Vorhang auf
in der Kirche |
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Die Karlsruher Spielgemeinde präsentiert ihr viertes Stück |
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Ein
gemeinsam begangenes Verbrechen lastet schwer auf den Bewohnern eines kleinen
Fischerdorfes: auf Dörte, dem Müllmädchen, auf der fast irren Gräfin und dem
Schuster Jakob. Doch eines Tages wird das Stillschweigen durch die Rückkehr
des Dorfbewohners Pidder Martins empfindlich
gestört. Das Stück „Unter einer Decke" handelt von Menschen in
Extremsituationen – von ihrem Misstrauen, ihrer Abneigung und Liebe, vor
allem aber von Schuld und Vergebung. „Unter einer Decke“ ist bereits die
vierte Produktion der „Karlsruher Spielgemeinde" unter der Leitung von Heide Harmsen.
Die pensionierte Kunstlehrerin und Theaterpädagogin hat die Theatergruppe
1999 in der Gemeinde der Emmauskirche in der
Karlsruher Waldstadt gegründet, weil sie in kirchlichen Räumen Stücke spielen
wollte, „die existenzielle Fragen des Menschen nachgehen“. Damit will sie
Menschen anlocken, dienicht kirchengebunden
sind, „die aber wenigstens über das Betreten einer Kirche einmal die
Erhabenheit dieser Räume zusammen mit einem Stück spüren“. Theater in der Kirche Passen
Menschen in bunten Kostümen und Requisiten neben den Altar? „Auf jeden Fall“,
meint Keramikerin Gila Borcherding (64), denn seit
dem Mittelalter seien Theateraufführungen in der Kirche üblich. Auch Harmsen meint, dass eine Gemeinde das Theaterspielen
unbedingt in die Gemeindearbeit einbeziehen sollte, denn die Darsteller „werden
spirituell angerührt und leben in Ihrer Freizeit in einer Gemeinschaft, von
der sie auch im Berufs- oder Schulleben zehren“. Die Texte, die die
Spielgemeinde entwickelt, sind aber nicht an die Bibel angelehnt setzen sich
aber immer mit dem Sinn des Lebens auseinander. Über die Arbeit an den Texten
kommen die Mitglieder der Spielgemeinde häufig ins Gespräch über religiöse
Fragen. „Da gibt es oft ziemlich heftige Auseinandersetzungen“, erzählt Theologin
Heike Hendl (35). Kein Wunder, denn in der Gruppe sind dem Glauben sehr nahe
stehende Menschen genauso gefragt wie dem Glauben eher distanziert gegenüber
stehende. Die Karlsruher Spielgemeinde gehört zur Waldstadt Gemeinde Nord,
die dem Theaterspiel in der Kirche sehr positiv gegenüber steht und die
Theatergemeinde „ideell und finanziell unterstützt“, wie Heide Harmsen berichtet. Viele Gemeindemitglieder besuchen die
Vorstellungen. Die Darsteller 16
Laienschauspielerinnen und -schauspieler zwischen 16 und 66 Jahren
und mit ganz verschiedenen Berufen gehören der Gruppe heute an. Mit dabei
sind außerdem zwei Instrumentalisten sowie Bühnentechniker. Markenzeichen der
Gruppe ist, dass sie sich alle Theaterstücke „auf den Leib“ schreibt. „Das“,
sagt Wolfgang Nill (55), „schweißt unsere Gruppe
zusammen. Wir entwickeln Figuren und Dialoge, in denen wir selber vorkommen
und die die Beziehungen zueinander berühren.“ Der Informatiker kam über die
Musik zur Spielgemeinde. Für die letzte Inszenierung suchte die Regisseurin einen
Akkordeonspieler. Wolfgang Nill machte mit und
blieb. Mittlerweile hat er auch Freude am Spielen entdeckt und mimt in „Unter
einer Decke“ den Pidder Martins. Die in der Gruppe
„gelebte Gemeinschaft“ ist für alle fast genauso wichtig wie die Inszenierung,
meint auch Heike Hendl. „Wir kennen uns schon sehr gut. Mittlerweile sind wir
eine richtige Theaterfamilie.“ Heide Harmsen ist „Kopf und
Herz“ der Gruppe. Sie „bastelt“ aus den einzelnen Dialogen und
Handlungssträngen ein komplettes Theaterstück, führt Regie, entwirft und
fertigt alle Kostüme an. „Sie ist sehr menschlich, findet für jeden den
richtigen Ton und motiviert uns immer wieder von Neuem“, schwärmt Wolfgang Nill. Christine Jacob |