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Bruchsaler Rundschau, 13 März 2007

Verwirrende Geschichte - wie das Leben selbst

Beim Gastspiel "Unter einer Decke" ging es um Mitläufertum, Schuld und Verdrängung

..Das Alte will sie vergessen, vom Neuen nichts wissen. Antworten gibt es nicht. Und die Kinder, die Antworten suchen, werden vertröstet auf später. Doch selbst in dem Baum, einst voller Worte, sind die Worte verdorrt. Aber Bescheid wissen die Leute im Dorf. Wissen alles besser, wissen, wer ein Taugenichts ist und wer sie alle ins verderben gebracht hat. Was sie sagen, gilt. Alle sagen das und deshalb gilt es. "Die Notwendigkeit definiert das Gesetzt", rechtfertigt sich der diabolisch wirkende Bürgermeister. Doch was ist notwendig? "Ihr erstickt in eurem eigenen Sumpf", schreit das Mädchen, das verzweifelt gegen die Allmacht des Mitläufertums anrennt. .......................... .."Unter einer Decke" heißt die vierte Eigenproduktion der Karlsruher Spielgemeinde unter der Leitung der Theaterpädagogin Heide Harmsen, die damit jetzt ein beeindruckendes Gastspiel im Bruchsaler Schloss gab. Eineinhalb Stunden volle Konzentration auf jedes Wort, denn die Geschichte, die die Akteure selbst geschrieben haben, ist kompliziert und verworren - wie das Leben eben so ist. .................................................. ..Ein Fischerdorf . Die Vergangenheit wiegt schwer: Auf Pidder Martens und seiner Tochter Dörte, auf der einsamen Frau mit den Vogelscheuchen, auf der Wirtin Wilma, auf dem Schuster Jacob und allen anderen. Es wird gemunkelt. Und dann wird das Geheimnis eines Tages plötzlich offenbart. Aber immer noch schauen manche einfach weg. .... ..Scherben, überall Scherben. Von den Menschen selbst. Es geht um Verzweiflung und Angst, um grenzenlose Wut, weil Antworten fehlen. Es geht um die Frage nach Schuld, um die Angst vor

AUSDUCKSSTARK präsentieren die Akteure der Karlsruher Spielgemeinde ihr Stück "Unter einer Decke" im Bruchsaler Schloss und gaben den Zuschauern dabei manche Nüsse zu knacken ............................................................................................... pib

neuer Schuld. Oder ist es allein die Anklage, die einen Menschen schuldig macht? Es geht um Wahrheit. Welche ist wirklich, welche eine Lüge. Wie viele Wahrheiten gibt es? Welche wiegt schwerer, die jedes einzelnen oder die der Mitläufer? Einer will den anderen sein Verzeihen zum Geschenk machen. Doch Gruppenzwänge, Selbstgerechtigkeit, blinder Hass und Streit stehen den Menschen im Weg-. Sie selbst stehen sich im Weg. ........................................................... ..Antworten geben auch die Karlsruher Amateurschauspieler nicht. Doch mit ihrem Stück setzten sie Denkprozesse in Gang - mit viel Fingerspitzengefühl in

den Texten, die mal realistisch - nüchtern, mal poetisch - sinnierend sind, und mit ihrem exzellenten Spiel, mit beeindruckender Mimik und gewaltigem Ausdruck. Nicht zu vergessen die beiden Musiker, die mit Klarinette und Percussion improvisieren, die Szenen begleiten, untermalen und zusammenhalten. ....................................... ..Die bunten, teils skurrilen Kostüme rücken letztlich das Geschehen in eine fremde Welt. Doch gerade diese Fremde, diese Distanz ist es, die das Verstehen leichter macht, das Akzeptieren, das die Geschichte eigentlich mitten unter uns spielt. ..........................................Pia Hendel