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BNN, 07. 12. 2010

 

Profilierte Figuren auf der Suche nach Glück

 

Karlsruher Spielgemeinde zeigt Eigenproduktion "Leben ist kein Verzicht" in Spöcker Kirche

 

Die Suche nach dem privaten Glück ist so alt wie die Menschheit. Jeder sucht es woanders, aber nicht jeder hat Erfolg. In ihrer neuesten Eigenproduktion unter dem Titel "Leben ist kein Verzicht" zeigt die Karlsruher Spielgemeinde unter der Leitung von Regisseurin Heide Harmsen eine Reihe skurriler Modelle dieser Suche.

Jetzt gastierte die Gruppe in der Kirche Sankt Georg in Spöck. Das Stück beginnt auf dem Arbeitsamt. Dort treffen sich der Lumpensammler (Wolfgang Nill), das Mädchen (Saskia Rosebruck), der Spieler (George Williams), die beiden Wanderer

Hilam und Tamin (Michael Draese und Louis Eßwein), die Vermesserin (Gila Borcherding), das Weib (Nelly Fritzler), die Putzfrau (Anja Mattern) und der Träumer (Adrian Mora). Alle haben auf irgendeine Weise ihre Existenz und den Boden unter den Füßen verloren und versuchen, sie hier wiederzufinden.

Eine Sonderrolle kommt dem Hausmeister (Florian Bicking) zu, der zugleich der Weise ist und als Moderator und Kommentator die Übergänge zwischen den einzelnen Szenen leistet. Am Ende, im letzten Bild des Stücks, zeigt sich unter dem Titel "Was bleibt", dass nur einige der Protagonisten ihr Glück gefunden

haben, andere nicht. Es gibt kein "Happy-End". Das Ziel der Karlsruher Spielgemeinde ist es, individuelle Theaterbilder zu finden.

In einem langen Prozess aus vielen Gesprächen, Improvisationen und Übungen erarbeiten die Schauspieler ihre Rollen und ihre Texte und legen auf diese Weise ihre Seele hinein. Das Ergebnis war auch dieses Mal umwerfend, denn die darstellerischen Leistungen sind für ein Laientheater schlicht hervorragend.

Jede Figur ist scharf profiliert, jede Geste und jedesMinenspiel sitzt perfekt. Die Handlungen der Einzelnen erreichen ein gewisses Maß an Surrealität, dennoch geht das Identifikationsangebot an den Zuschauer nicht verloren. Der Lumpensammler und

Musik unterstreicht das Spiel nachhaltig

das Mädchen suchen ein Heim, Liebe und Geborgenheit und zeigen das in einer anrührenden Geste. Der Träumer steht mit einem Schlag vor dem Scherbenhaufen seines Daseins, brutal dargestellt durch ihn bedrohende Stuhlbeine.

Die gnadenlosen Anforderungen des Arbeitslebens werden ebenso thematisiert wie Einsamkeit, Spielsucht, Ordnungsstarrsinn, Ruhelosigkeit. In 14 Bildern entwickelt das Stück eine Gesellschaftsanalyse, die stimmen mag oder nicht, auf jeden Fall hoch emotional packend, rührend und bewegend ist.

Besondere Bedeutung kommt dabei der Musik zu. In ununterbrochener Begleitung unterstreichen Achim Quellmalz an der Klarinette und Achim Pfeil mit Percussion das Geschehen auf der Bühne und sorgen mit teilweise bis an die Schmerzgrenze gehenden Klängen für höchste Dramatik.

Nicht zuletzt macht die ideenreiche Umsetzung der einzelnen Charaktere und Aussagen das Spiel zu einem mehr als sehenswerten Stück. Marianne Lother

 

DURCH IDEENREICHE UMSETZUNG besticht das Stück "Leben ist kein Verzicht" der Karlsruher Spielgemeinde, eine neue Eigenproduktion, die jetzt in Spöck aufgeführt worden ist. Foto: Lother